Meisterung des Ichs
Früher wurden die verschiedenen Kampfkünste nicht nur erlernt und trainiert um sich verteidigen oder kämpfen zu können. Sie wurden auch als Weg gesehen, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Die Kampfkünste sollten zudem zu einer Vervollkommnung des Charakters führen. Dies sollte durch Meditation und hartes Training gelingen. Erzieherische Aspekte spielten dabei auch eine grosse Rolle.
Dieser Teil des Karate hat in unserer Zeit womöglich an Bedeutung verloren. Oder vielleicht doch nicht?
Am Training teilzunehmen bedeutet nicht nur pünktlich zu erscheinen, seinen Karate Gi anzuziehen und dann „mal schauen, was heute so dran ist“. In dem Moment, in dem man das Dojo betritt, muss man auch bereit sein, sich auf das Karate Do einzulassen und versuchen, sich vom Alltag zu lösen. Das heisst, sich dem unterrichtenden Meister unterzuordnen und sich in die Trainingsgruppe einzufügen. Daher sollte das Verhältnis zwischen Meister und Schüler sowie der Schüler untereinander immer von Respekt und Achtung voreinander gekennzeichnet sein. So wird im Partnertraining nicht nur Angriff und Abwehr geübt. Man erkennt auch, dass man dem Partner gegenüber Verantwortung hat – nämlich ihm das richtige Ueben zu ermöglichen und ihn beim Ueben nicht zu verletzen. Der Karateka muss lernen, seinen Körper und seine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. So ist es auch im Kampf und nicht zuletzt in der Selbstverteidigung. Indem man sich beim Ueben an seine Leistungsgrenzen führen lässt, werden nicht nur die Karatetechniken präziser, schneller und kraftvoller. Es kann dadurch auch gelingen, Eigenschaften wie Durchhaltevermögen, Ausdauer und Willenskraft zu entwickeln oder zu fördern. Die zu erlernenden Techniken und Bewegungsabläufe erfordern zusätzlich ein hohes Mass an Aufmerksamkeit und Konzentration.
Es bleibt nicht nur den Meistern überlassen, wieviel sie an ihre Schüler weitergeben. Jeder kann für sich selbst bestimmen, wie weit er gehen und wie ernsthaft er Karate Do betreiben möchte.